Ein Interview mit Oliver Zorn
Es ist kein Geheimnis, dass das Marketing immer mehr in Informationstechnologie (IT) investiert. In einigen Unternehmen ist das, was Gardner prognostiziert, bereits Fakt: CMOs geben mehr Geld für IT aus als CIOs.
Eine Situation, die vielen IT-Managern Bauchschmerzen bereitet. Warum ist das so? Und wie kann aus dicker Luft ein starkes Team werden? Das habe ich nicht nur mich gefragt, sondern auch einen Profi: Oliver Zorn, Manager IT Solutions & Processes der PTV Group, einem Softwareanbieter für Logistik- und Verkehrslösungen im B2B-Umfeld.
Gabriele: Oliver, du bist bei der PTV Group verantwortlich für interne IT Lösungen. Bereitet es dir Bauchschmerzen, dass das Marketing immer mehr Geld für IT ausgibt?
Oliver: Erst einmal nicht! Wir befinden uns in einem digitalen Zeitalter. Das bietet uns gefühlt unendlich viele Möglichkeiten, auch, oder gerade im Marketing. Und diese sollten wir als Unternehmen nutzen. Bauchschmerzen bekomme ich nur, wenn die IT-Abteilung nicht oder erst sehr spät in diesen Themen eingebunden ist, zum Beispiel bei der Anschaffung neuer Tools.
Gabriele: Sollte man solche Entscheidungen nicht lieber den Fachbereichen, die auch damit arbeiten werden, überlassen?
Oliver: Ich finde hier eine gute Abstimmung wichtig. Es geht ja nicht nur um Funktionalitäten und die Usability eines Tools, was im Fokus der Marketer liegt. Es gibt noch weiter Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Von IT-Seite sind zum Beispiel Security-Aspekte und Hosting-Möglichkeiten kritische Punkte. Oder auch die Integration in die unternehmensweite IT-Landschaft, um beispielsweise einen nahtlosen Austausch gewonnener Daten zwischen den neuen und bestehenden Systemen zu ermöglichen.
Gabriele: Das heißt aber auch, dass wir hier nicht nur vom Tooling und den technischen Anforderungen sprechen, sondern auch sehr schnell in Prozessen und Abläufe denken müssen.
Oliver: Ja absolut. Wir als IT-Abteilung haben längst nicht mehr nur den technischen Fokus. Vielmehr beraten wir in abteilungsübergreifenden Prozessen. Wir sehen uns in einer Rolle, die Systeme und Workflows zusammenbringt und beratend zur Verfügung steht.
Gabriele: Kannst du uns ein Beispiel nennen?
Oliver: Ein ganz anschauliches Beispiel ist sicherlich das eines CRM-Systems als zentraler Datenbestand, bei dem viele Prozesse zusammenlaufen. Als eines Tages die Marketingabteilung mit dem Wunsch auf uns zukam, ein Marketing-Automation-System einführen zu wollen, wurde es richtig spannend. Denn neben der technischen Umsetzung einer Schnittstelle, waren auch viele prozessuale Fragen zu klären, um das gesamte Konstrukt zum Fliegen zu bringen.
Gabriele: Dafür gibt es doch inzwischen Standardschnittstellen und Prozesse …
Oliver: Theoretisch ja. Nur nicht für die Kombination, die wir hatten. Zwischen unserem CRM-System und der Marketing-Lösung von Oracle gab und gibt es leider keine native Schnittstelle. Also mussten wir die Integration hausintern implementieren. Natürlich haben wir uns prozesseitig gemeinsam mit dem Marketing an vergleichbare Strukturen nativer Lösungen angelehnt. Aber da wir sowieso eine eigene Lösung entwickeln mussten, wollten wir diese auch so aufsetzen, dass sie optimal zu unserem Business passt. Und da ist sicherlich der Softwareverkauf vom Verkauf physischer Produkte zu unterscheiden.
Gabriele: Das klingt herausfordernd und ambitioniert zugleich. Wie seid ihr konkret vorgegangen?
Oliver: Das Marketing hat Ideen und Ziele geliefert, was es mit dem Marketing Automation Tool erreichen will: Angefangen von der Generierung neuer Leads, über die Begleitung von Softwaretest bis hin zum Cross-Selling und der Wartungsverlängerung bei Bestandskunden. Daraus haben wir zum einen bestimmt, welche Daten neugewonnener Leads dem Vertrieb für die bestmögliche Akquise zur Verfügung gestellt werden sollten. Zum anderen haben wir definiert, welche Trigger aus dem CRM benötigt werden, um Bestandskundenkampagnen zielgerecht fahren zu können.
Gabriele: Super wichtig, hier eine saubere Datenbank zu haben. Ist es nicht äußerst kritisch Daten einfach so hin- und herzuschieben?
Oliver: Ich stimme dir absolut zu. Eine saubere Datenbank ist das A und O. Und dafür haben wir uns einige Kontrollmechanismen überlegt. Zum Beispiel zu definieren, wer bis auf die abzugleichende Feldebene das führende System ist. Einen Abgleich-Check einzuführen, damit es keine Mehrfacheinträge gibt. Oder auch eine Verifizierung von Daten, die zum Beispiel über ein Formular gekommen sind. Sonst kommt tatsächlich Chaos auf. Man denke hier auch an nachgelagerte Prozesse wie Angebots- und Rechnungsstellung. Hier könnte es ansonsten definitiv zu ungewünschten Ergebnissen führen.
Gabriele: Wenn nun zwei Systeme gut miteinander funktionieren, sollte sich dieses Miteinander dann nicht in den Abteilungen widerspiegeln, die für diese Systeme verantwortlich sind? Sonst ist schließlich nichts gewonnen.
Oliver: Funktionierende Systeme sind in der Tat nur die halbe Miete. Für die andere Hälfte sind wir beratend da. So schauen wir nach Verantwortlichkeiten und Timings im Prozess: Wie lange darf es dauern, bis eine Vertriebsperson ein Lead aus dem Marketing kontaktiert? Wie weit muss das Marketing qualifizieren, damit ein Lead übergeben werden darf? Das sind Fragen, über die auch schon mal länger diskutiert wird. Und hier sind wir gerne als Berater da, die Anforderungen zusammenbringen. Manchmal geht es auch darum zu schlichten, immer mit dem Ziel, Entscheidungen herbeiführen.
Gabriele: So ergibt sich tatsächlich ein neues Bild einer IT-Abteilung. Weg von Bits und Bytes, hin zu Berater und Sparrings-Partner.
Oliver: Die Rolle der IT sollte in der Tat nicht nur auf technische Ausführung reduziert oder im Schlimmsten Falle als Blockierer angesehen werden: Vielmehr ist es uns schon öfters gelungen, durch gute Beratung und Teamwork mehr aus Tools und Prozessen gemeinsam mit den Fachabteilungen herauszuholen.
Gabriele: Also eher starkes Team als dicke Luft?
Oliver: Definitiv. Sicher gibt es auch mal dicke Luft. Aber es hat sich gezeigt: Je mehr die Fachabteilungen in IT investieren, desto mehr Berührungspunkte gibt es. Und je mehr Berührungspunkte und erfolgreiche Schritte man gemeinsam geht, desto stärker wächst ein abteilungsübergreifender Teamgedanke. Denn oft bemerkt man erst, wenn man einen Schritt zurücktritt, dass alle das gleiche wollen: das Unternehmen voranbringen. Und wo ist in unserer digitalen Zeit der Hebel größer als bei modernen und effizienten IT Lösungen.