Warum Fragen wichtiger sind als Antworten
KI als Sparringspartner im B2B Marketing
ChatGPT schreibt deinen Newsletter in fünf Sekunden? Glückwunsch! Aber überzeugt er auch? Viele sehen in KI ein bequemes Tool zur Textgenerierung: Prompt rein, Content raus. Doch genau das greift zu kurz. Das eigentliche Potenzial liegt woanders – in besserer Gedankenführung, neuen Perspektiven und kritischem Hinterfragen. Wer KI als Impulsgeber nutzt, bekommt bessere Ideen – und in der Folge bessere Inhalte.
Natürlich, nicht jeder Text muss ein Meisterwerk sein. Reminder-Mails, Social-Media-Posts oder ein FAQ – manchmal reicht „gut genug“. Aber für alles andere gilt: B2B Zielgruppen sind anspruchsvoll. Sie erwarten Relevanz, Substanz und Differenzierung. Sie wollen keine Inhalte von der Stange, sondern Texte, die ihre Realität treffen – fachlich fundiert, argumentativ stimmig und sprachlich auf Augenhöhe. Solche Qualität entsteht nicht durch Automatisierung. Sie entsteht im Dialog – mit Kollegen, mit Fachleuten, mit echten Kunden. Diesen Austausch kann KI nicht ersetzen. Aber sie hilft, ihn besser vorzubereiten, gezielter zu führen und strukturiert weiterzudenken.
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Wer KI als Sparringspartner einsetzt, gewinnt Klarheit, neue Perspektiven und überzeugendere Argumente. Hier sind fünf Aspekte, bei denen B2B Marketer mit KI in den Ring steigen sollten:
- Themen finden, die wirklich treffen
- Argumente schleifen, bevor sie auf Widerstand stoßen
- Struktur schaffen – für unterschiedliche Zielgruppen
- Blickwinkel wechseln – für mehr Relevanz und Resonanz
- Den Ton treffen, für mehr Wirkung und Vertrauen
1. Themen finden, die wirklich treffen
Relevanter Content entsteht nicht beim Schreiben – sondern beim Recherchieren und Fragen. Viele B2B Marketer schauen aus der Innenperspektive auf ihr Produkt: Was können wir? Welche Vorteile bieten wir? Dabei verlieren sie leicht aus dem Blick, was ihre Kunden tatsächlich beschäftigt. KI kann diesen blinden Fleck aufdecken – indem Tools wie ChatGPT uns zwingen, die Sicht zu wechseln und unsere Argumentation zu überprüfen.
Zum Beispiel so:
„Welche kritischen Fragen stellen sich Entscheider in [Branche] zu [Produkt/Thema]?“
Oder zugespitzter:
„Was würde ein skeptischer Einkäufer sagen, wenn ich diesen Nutzen behaupte?“
Wer sich auf diese Auseinandersetzung einlässt, entwickelt greifbaren Content: Statt selbstdarstellender Texte entstehen Inhalte, die konkrete Hürden adressieren oder häufige Einwände antizipieren. Das Ergebnis sind Beiträge, die nicht „auch noch etwas zum Thema sagen“, sondern genau den Punkt treffen, an dem Kunden tatsächlich Orientierung suchen.
Vom blinden Fleck zum weißen Fleck: Content-Lücken identifizieren
KI hilft nicht nur, blinde Flecken aufzudecken – sie macht auch weiße sichtbar: Themenbereiche, die noch niemand bearbeitet hat. Rollen, die bisher zu kurz kommen. Argumente, die fehlen. Use Cases, die zu oberflächlich beleuchtet sind. Wer bestehende Inhalte analysieren lässt, erhält schnell konkrete Hinweise.
Solche Rückmeldungen helfen, Inhalte gezielt weiterzuentwickeln. Statt zehn neue Artikel halbherzig anzureißen, lohnt es sich oft mehr, zwei bestehende Beiträge zu vertiefen, zu fokussieren oder für eine neue Zielgruppe neu aufzubereiten.
Auch in der Redaktionsplanung bringt das Klarheit. Typische Fragen für den Perspektivwechsel lauten:
- Welche Fragen tauchen in meinen bestehenden Inhalten bisher nicht auf?
- Welche Rolle kommt in meinen Beispielen nie vor?
- Welche Argumente fehlen aus Sicht eines misstrauischen Entscheiders?
Diese Form der Reflexion stärkt nicht nur die Argumentation – sie hilft dabei, fachliche Themen gezielt zu besetzen. Mit Tiefe statt Beliebigkeit. Mit Haltung statt Floskeln.
2. Argumente schleifen, bevor sie auf Widerstand stoßen
Starke Argumente entstehen nicht im stillen Kämmerlein – sondern im Streit der Gedanken. Genau dafür eignet sich KI: Sie übernimmt die Rolle des kritischen Gegenübers, stellt unbequeme Fragen und zwingt uns, unsere Argumentation zu prüfen, bevor andere das tun.
„Welche Einwände könnte ein zweifelnder Geschäftsführer gegen dieses Argument haben?“
„Spiele den Advocatus Diaboli: Warum überzeugt unserer Lösungsansatz vielleicht doch nicht?“
Solche Fragen decken Denkfehler auf, entlarven Übertreibungen und ersetzen Phrasen durch Substanz. Doch damit endet der Prozess nicht. Wer sich mit diesen Einwänden auseinandersetzt, gewinnt wertvolle Erkenntnisse für die Praxis:
- In der Content-Erstellung lassen sich Gegenargumente direkt aufgreifen und entkräften – zum Beispiel im Blogartikel, Whitepaper oder One-Pager.
- Im Vertrieb liefern die Einwände Futter für FAQs, Gesprächsleitfäden oder pitch-relevante Argumentationshilfen.
- In der Positionierung helfen sie, Differenzierungsmerkmale zu schärfen – gerade dort, wo andere Anbieter angreifbar sind.
Statt glattgebügelter Botschaften entsteht so ein inhaltliches Fundament, das auch kritischen Nachfragen standhält. Wer sich Widerspruch im Vorfeld erlaubt, kommuniziert im Ernstfall souveräner – und überzeugender.
So treffen deine Argumente jeden im Buying Center
Je mehr Entscheider am Tisch sitzen, desto klarer müssen die Argumente sein – für jeden Einzelnen. B2B Marketing trifft heute auf informierte Kunden, fragmentierte Buying Center und Entscheidungsprozesse mit vielen Beteiligten. Technischer Leiter, Einkäufer, Fachabteilung, Geschäftsführung – jeder denkt anders, bewertet anders, fragt anders. KI kann helfen, diese Perspektiven vorwegzunehmen. Etwa so:
„Wie klingt mein Nutzenversprechen für einen technischen Leiter?“
„Welche Argumente überzeugen eine Geschäftsführung – welche nicht?“
„Was interessiert einen Einkäufer, der zehn andere Anbieter vergleicht?“
Wer Argumente zielgruppenspezifisch zuspitzt, erhöht nicht nur die Relevanz – sondern auch die Schlagkraft im Buying Center. Statt Einheitskommunikation entstehen differenzierte Botschaften, die jede Rolle abholen. Und genau das kann den Ausschlag geben – in Präsentationen, auf der Website, im Gespräch.
3. Struktur schaffen – für unterschiedliche Zielgruppen
Ein überzeugendes Argument reicht nicht aus – wenn man es im falschen Format, zur falschen Zeit oder an die falsche Person adressiert. Im B2B Alltag treffen Marketer auf komplexe Entscheidungsgremien: Geschäftsführung, Fachabteilung, Einkauf, IT. Jede dieser Rollen hat eigene Prioritäten – und braucht Informationen in anderer Form, anderer Tiefe, anderer Sprache. Denn was für den einen ein klarer Vorteil ist, bleibt für den anderen irrelevant, unverständlich oder sogar verdächtig.
Genau hier zeigt sich der nächste Einsatzbereich von KI: Sie hilft, ein Thema entlang unterschiedlicher Rollen und Bedürfnisse zu strukturieren – je nachdem, wer am anderen Ende liest oder zuhört.
Zum Beispiel:
„Wie präsentiere ich dieses Thema für die Geschäftsführung – wie für die IT-Abteilung?“
„Welche Struktur funktioniert für einen One-Pager – welche für einen Fachartikel?“
„Wie sollte ich denselben Inhalt auf LinkedIn formulieren – und wie im Pitch Deck?“
Wer solche Fragen stellt, bekommt von KI keine generische Antwort – sondern eine Struktur, die zur jeweiligen Zielgruppe passt. Mal übersichtlich und pointiert, mal tief und erklärend, mal visuell geführt. So entsteht ein durchdachter Informationsfluss, der auf die Aufnahmesituation des Gegenübers abgestimmt ist.
Das ist kein „Nice-to-have“. Vielmehr ist es ein entscheidender Hebel im B2B Vertrieb. Denn in komplexen Entscheidungsprozessen zählt nicht nur, was kommuniziert wird, sondern wie und für wen.
Wie kann das in der Praxis aussehen?
- Ein technischer Leiter erwartet belastbare Informationen zu Schnittstellen, Integrationen und Systemvoraussetzungen. Für ihn darfst du in die Tiefe gehen – logisch aufgebaut, faktenorientiert, gerne mit Grafiken oder Tabellen.
- Die Geschäftsführung will den Überblick: strategischer Nutzen, ROI, Time-to-Value, Wettbewerbsfähigkeit. Ein One-Pager mit klarer Headline, drei Nutzenargumenten und einem kurzen Fazit reicht oft völlig aus – wenn die Kernaussage sitzt.
- Ein Einkäufer denkt an Kosten, Vergleichbarkeit und Risiken. Für ihn brauchst du keinen Marketing-Sprech, sondern Entscheidungshilfen. Der Content muss Antwort auf die Frage liefern: Warum ist diese Lösung wirtschaftlich und nachhaltig die bessere Wahl?
KI kann bei all dem unterstützen – indem sie Strukturvorschläge, Zusammenfassungen oder Formatvarianten erstellt. KI spart nicht an Gedanken, aber sie erspart Reibungsverluste. Statt eine Generalfassung für alle zu verbiegen, entsteht Content, der gezielt passt – und punktet, wo er soll.
4. Blickwinkel wechseln – für mehr Relevanz und Resonanz
Wer kommuniziert, trifft selten auf einen unbeschriebenen Leser. Jeder bringt Erfahrungen, Erwartungen und Vorbehalte mit. Trotzdem schreiben viele ihre Texte so, als wüssten wir genau, wie sie wirken. KI kann dabei helfen, diese Annahmen zu hinterfragen, indem wir gezielt in andere Rollen schlüpfen.
Rollenprompts machen das möglich: Dabei fordert man die KI auf, aus der Perspektive einer bestimmten Zielgruppe, Fachrolle oder Haltung zu antworten – etwa als technischer Leiter, skeptischer CFO oder ungeduldiger Einkäufer. Das Feedback basiert nicht auf der Logik des Absenders, sondern auf der Wahrnehmung des Lesers.
Rollenprompts ersetzen weder echte Kundenstimmen noch fundierte Buyer Persona. Aber sie simulieren typische Denk- und Argumentationsmuster – so, wie sie in vergleichbaren Rollen häufig auftreten. Dadurch unterstützen sie beide Marketingtools optimal.
Ein paar Beispiele für Rollenprompts:
„Du bist ein technischer Leiter in einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen. Wie wirkt dieser Text auf dich?“
„Agiere als skeptischer Geschäftsführer, der schon zehn Anbieter gesehen hat. Was stört dich an dieser Argumentation?“
„Du bist Einkäufer in der Energiebranche. Welche Aspekte benötigst du zur Entscheidungsfindung – welche nicht?“
Diese Perspektivwechsel helfen nicht nur beim Feinschliff – sie machen schon im Vorfeld blinde Flecken sichtbar. So lassen sich Risiken frühzeitig erkennen:
- Übertreibungen, die Glaubwürdigkeit kosten
- Buzzwords, die Vertrauen untergraben
- Argumente, die in der Zielgruppe nicht greifen
Empathie beginnt dabei nicht erst beim Text – sondern schon bei der Themenwahl. Wer über Rollenprompts fragt:
„Welche Fragen treiben dich um?“ oder „Welcher Aspekt bleibt in Fachartikeln meist unberücksichtigt?“,
wird mit Ideen belohnt, die näher an der Realität sind – nicht am Redaktionsplan. So liefert KI sowohl neue Formulierungen als auch neue Denkansätze. Der Content verändert sich: Monologe werden zu authentischen Dialogen.
5. Den Ton treffen – für mehr Wirkung und Vertrauen
Im B2B Marketing zählt nicht nur, was man kommuniziert – sondern auch, wie es klingt. Der Tonfall entscheidet mit darüber, ob andere ein Unternehmen kompetent, vertrauenswürdig oder überheblich wahrnehmen. Gerade im schriftlichen Content liegt diese Wirkung oft in Nuancen: Ein und dieselbe Aussage kann sachlich wirken oder belehrend. Beratend oder anbiedernd. Und genau deshalb gehört der Tone of Voice nicht ins Feintuning, sondern in die Strategie: Er ist Teil der Markenpersönlichkeit. Wer ihn nicht aktiv gestaltet, überlässt die Wirkung dem Zufall.
KI kann helfen, den Ton gezielt zu überprüfen – bevor er am Leser scheitert. Mit der richtigen Frage wird sie zur Resonanzfläche:
„Wie wirkt dieser Text: nüchtern, inspirierend, beratend – oder distanziert?“
„Klingt das nach Gespräch auf Augenhöhe – oder nach Verkaufsdruck?“
„Würde ein Entscheider diesen Ton als kompetent empfinden – oder als zu glatt formuliert?“
Solche Fragen decken auf, was man im eigenen Text leicht übersieht – vor allem, wenn man zu nah dran ist. Oft ist der Ton nicht falsch, aber unpassend – zur Zielgruppe, zum Kanal, zum Moment. Denn ein Blogartikel braucht eine andere Tonalität als ein One-Pager. Ein LinkedIn-Post wirkt anders als ein Whitepaper. Und was auf einer Messewand funktioniert, erzeugt in einer E-Mail vielleicht Ablehnung.
„Wie klingt diese Botschaft auf LinkedIn – wie im Vertriebsdokument?“
„Ist dieser Text für ein Whitepaper zu locker – oder genau richtig?“
KI liefert dazu keine absolute Bewertung, aber eine hilfreiche Einschätzung – schnell, neutral und formatbezogen.
Auch auf Zielgruppenebene hilft der Ton-Check. Denn viele B2B Texte klingen unfreiwillig kompliziert, zu technisch oder überambitioniert – besonders, wenn verschiedene Abteilungen mitgeschrieben haben.
„Wie wirkt dieser Abschnitt auf einen fachfremden Entscheider?“
„Versteht ein technischer Leser diesen Nutzen – oder klingt er zu abstrakt?“
Wer solche Fragen stellt, schärft nicht nur den Ton – sondern stärkt die Beziehung zur Zielgruppe. Denn der Ton entscheidet über Anschluss oder Abwehr. Und das nicht am Ende der Customer Journey – sondern ganz am Anfang.
Tonalitätsfallen erkennen, bevor der Leser aussteigt
Viele dieser Effekte bleiben unbemerkt – bis sie beim Kunden zu Reaktanz führen. Umso wichtiger ist es, typische Tonalitätsfallen früh zu erkennen. KI kann dabei unterstützen, indem sie Textabschnitte aus der Perspektive des Lesers spiegelt.
Zu den häufigsten Stolpersteinen im B2B zählen:
- Übertriebenes Selbstlob: „Unser innovatives Produkt bietet bahnbrechende Vorteile …“ → klingt nach Marketingphrase, nicht nach Substanz.
- Passive Sprache und Phrasen: „Es wird sichergestellt, dass …“ / „Hierbei handelt es sich um …“ → erzeugt Distanz, wirkt bürokratisch oder ausweichend.
- Technokratie statt Klarheit: „Die modulare Integrationsarchitektur ermöglicht maximale Skalierbarkeit.“ → für IT plausibel, für Entscheider abschreckend.
- Ungewollt belehrender Ton: „Sie müssen bedenken, dass …“ / „Dabei ist zu beachten, dass …“ → suggeriert: Der Leser hat etwas übersehen.
- Glattgebügelte Versprechen ohne Greifbarkeit:„Mit unserer Lösung sind Sie für die Zukunft optimal aufgestellt.“ → klingt beliebig – und verfehlt jede Zielgruppe.
Mit gezielten Fragen an die KI lassen sich solche Stellen identifizieren und umformulieren – so, dass sie verständlich, nahbar und zielgruppengerecht wirken. Oft braucht es nur einen veränderten Einstieg, einen klareren Bezug oder einen Wechsel in die aktive Sprache und der Text wirkt glaubwürdig, greifbar und überzeugend.
Fazit: KI liefert keine fertigen Texte – sondern bessere Gedanken
Wer KI nur nutzt, um Inhalte zu generieren, kratzt an der Oberfläche. Wer mit ihr ins Gespräch geht, entdeckt Perspektiven, strukturiert Ideen, hinterfragt Argumente – und trifft den richtigen Ton. Dabei entscheidet die Qualität der Fragen über die Qualität des Ergebnisses.
Ob in der Themenwahl, beim Formulieren von Nutzenargumenten, beim Strukturieren für unterschiedliche Zielgruppen, im Perspektivwechsel oder bei der Tonalität: KI kann Impulse geben, blinde Flecken aufdecken und helfen, Content relevanter, präziser und glaubwürdiger zu machen. Nicht, weil sie schreibt wie ein Mensch. Sondern weil sie den Menschen beim Denken unterstützt.
KI ist keine bequeme Textgenerierungsmaschine. Aber sie ist ein verdammt guter Sparringspartner. Und vielleicht genau das, was wir im B2B Marketing gebraucht haben: jemanden, der uns zuhören lässt, bevor wir wieder senden.
